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New York, 11. September 2001: nur wenige Minuten, nachdem Vanessa Stelling überglücklich feststellt, dass sie mit ihrem zweiten Kind schwanger ist, kollidiert das erste Flugzeug mit dem World Trade Center. Dieses immense gesellschaftliche Trauma wird zum Vorboten für Stellings persönliches Trauma. Julian und ich erzählt die Geschichte einer entschlossenen, aber oftmals überforderten Mutter, die darum kämpft, einen Sinn in den gesundheitlichen und kognitiven Problemen ihres Sohnes zu finden.  

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Mit kompromissloser Ehrlichkeit und unwiderstehlichem Humor führt uns Stelling durch die Höhen und Tiefen des Familienlebens mit einem schwer autistischen Kind. Die oft ausgeblendeten möglichen Begleiterscheinungen des Autismus – chronische Magen-Darm-Probleme, hartnäckige Infektionen, Nahrungsmittelallergien und Epilepsie – werden einfühlsam und zugleich ungeschönt dargestellt. Auch den neuesten Stand der Forschung über sensorische Besonderheiten und Hirnplastizität bezieht Stelling mit ein und fordert darauf aufbauend ein grundlegendes Umdenken im Bereich der Sonderpädagogik.

 

Autismus existiert nicht im luftleeren Raum, und so beleuchtet das Buch auch ausführlich, wie sich die posttraumatische Stressbelastung auf den Rest der Familie auswirkt – auf die Geschwister, die trotz eigener Lernschwierigkeiten oft um Aufmerksamkeit kämpfen müssen, und auf die Ehe der Autorin, die der Situation letztendlich nicht standhalten kann.  Besonders herzzerreißend ist der „regressive“ Aspekt von Julians Autismus-Spektrum-Störung (ASS), durch die er bereits erlernte Fähigkeiten wie Sprechen nach und nach wieder verliert.

 

Trotz intensiver Frühförderung muss Stelling erkennen, dass keine Therapie oder Strategie etwas an Julians Diagnose ändern kann – so wie es letztlich niemals endgültige Lösungen im Leben gibt, da es immer wieder neue Herausforderungen bereithält. Statt Erfolgserlebnisse oder gar Heilung anzustreben, lernt die Autorin allmählich zu akzeptieren, was ist, die Reise zu schätzen und auch in den schwierigen Momenten Heiterkeit und Gelassenheit zu bewahren. 

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